Alternativen
Perfekte*r Aktivist*in
Eine Reflektion von unerfüllbaren Ansprüchen
Perfekte*r Aktivist*in
Unrealistische Ansprüche & Idealvorstellungen gegenüber politisch aktiven Menschen werden humorvoll reflektiert.
Perfekte*r Aktivist*in
Format: Diskussion, Gruppenarbeit
Barrieren: Hören, Lesen, Sehen
Material: 1 Flipchartpapier, mindestens 1 Marker
Die Teilnehmenden (TN)…
- erkennen Widersprüchlichkeit und Unerreichbarkeit von (eigenen) Anforderungen, die oft unausgesprochen bleiben.
- hinterfragen Annahmen über versteckte Hierarchien hinsichtlich Wissen, Fähigkeiten, Unverletzbarkeit usw.
- fühlen sich bestärkt, sich langfristig für eine sozial-ökologische und global gerechte Welt einzusetzen.
Ablauf
Hintergrund
Die Übung „Der*die perfekte Aktivist*in“ kommt aus den Themen Nachhaltiger Aktivismus und individuelle/kollektive Resilienz (Widerstands- und Erholungsfähigkeit in Krisen). Menschen, die sich für einen sozial-ökologischen Wandel und globale Gerechtigkeit einsetzen, sind konstant mit den multiplen Krisen dieser Welt in Kontakt und tragen oft hohe Ansprüche an sich selbst und andere mit sich.
Vorbereitung
Es wird ein Flipchart mit einem Strichmenschen darauf in der Mitte der TN platziert.
Durchführung
1. Einleitung (3 Minuten)
Die anleitende Person formuliert einleitende Worte, z.B.:
„Wir machen jetzt eine Übung, um uns damit zu beschäftigen, welche Erwartungen ihr eigentlich an euch selbst und andere im Kontext des eigenen Engagements habt. Ihr kennt vielleicht das Gefühl, dass es in eurem Umfeld Aktive gibt, die einfach alles richtig machen, oder jedenfalls „besser als ich“. Das wollen wir hier spielerisch offenlegen und aussprechen.
2. Reflexion (2 Minuten)
Die TN sitzen im Kreis und das Flipchart mit dem aufgemalten Strichmenschen liegt in der Mitte. Die anleitende Person stellt einleitende Fragen und lädt die TN dazu ein, diese 2 Minuten alleine auf sich wirken zu lassen.
Beispielfragen:
- Was kann die*der perfekte Aktivist*in?
- Was macht sie?
- Woher kommt die Person?
- Wovon und wofür lebt sie?
- Wie ist der Alltag der Person?“
- Wie geht es der Person?
- Was braucht sie?
Diese Fragen können je nach Tätigkeitsbereich/Engagement angepasst und erweitert werden.
3. Assoziationsübung (10 Minuen)
Die TN können frei assoziieren und ihre Gedanken in die Runde werfen, was alles Ansprüche eine*r perfekte*n Aktivist*in sind. Die anleitende Person schreibt die Begriffe um den Strichmenschen herum auf das Flipchart. Einander widersprechende Assoziationen werden dabei ebenfalls aufgeschrieben.
Je nach Entwicklung der Assoziationen können die anleitenden Personen auch bewusst auf Widersprüche zwischen den einzelnen Assoziationen hinweisen, bzw. weitere solche einladen, Fragen zu noch ungenannten Bereichen stellen, etc.
4. Auswertung (10 Minuten)
Zur Auswertung in der Großgruppe eignen sich folgende Fragen:
- Gefühle einladen: Was haben diese Ansprüche in euch ausgelöst?
- Wo fallen euch Widersprüche auf?
- Ist das überhaupt erfüllbar?
- Welche Systeme/Denkmuster erkennt ihr in diesen Ansprüchen Systeme/Denkmuster, die ihr eigentlich kritisieren, verändern oder abschaffen wollt? (z.B. Leistungsdenken, Konkurrenz, etc.)
- Die Ansprüche abstreifen: Einladen zum Körper ausschütteln oder abstreifen.
Varianten
Nach dem gemeinsamen Sammeln der Begriffe auf dem Flipchart gehen die TN in eine Einzelarbeit, in der sie entweder 10 Minuten freewriten (in einem Schreibfluss bleiben) oder malen. Folgende Fragen werden den TN mitgegeben:
- wo erkenne ich diese Ansprüchen in mir?
- welche Anforderungen davon erlebe ich als Stress?
- was wünsche ich mir von Menschen in meinem Umfeld in stressigen Situationen/Phasen?
Nach den 10 Minuten Einzelarbeit gehen die TN in einen 10-15 minütigen Kleingruppen-Austausch über ihre Erfahrungen. Diese werden nicht mehr in der Großgruppe geteilt.
Durchführung Digital
Es braucht ein Online Tool, indem auf einer Präsentationsfolie ein aufgemalter Strichmensch oder ein Kopf einer Person dargestellt ist. Die assoziierten Begriffe der TN werden in den Chat geschrieben und von der anleitenden Person laut vorgelesen.
Tipps und Hinweise für Anleitende
Bei mehreren anleitenden Personen: Es hat sich bewährt, das ein*e Anleitende moderiert, während der*die andere Anleitende die genannten Assoziationen der TN mitschreibt.
Die Methode ermöglicht eine Reflexion darüber, wie unerreichbar, stressauslösend und oft widersprüchlich die Ansprüche sein können. Sie ermöglicht den TN einen Zugang zum Thema Resilienz und lädt TN zum Sprechen ein. Darüber hinaus stößt sie ein „Verlernen“ von eigenen Ansprüchen an, sowohl individuell als auch auf Gruppen- bzw. kollektiver Ebene.
Die Methode ist in diversen Tätigkeitsfeldern anwendbar, z.B. Freiwilligendienste, Bildungsarbeit, Rollenfragen in Gruppen, etc.
Gebt den TN Zeit, sich in die jeweiligen Ansprüche hinein zu fühlen. Dazu können je nach Kontext noch weitere Fragen zum*zur perfekte*n Aktivist*in in den Raum gegeben werden.
z.B.: „Was für Kleidung trägt die Person? Wie ernährt sie sich? Woher kommt ihr Wissen? Wie verhält die Person sich gegenüber anderen?“
Die Fragen und Antworten können überspitzt sein. Wichtig ist es, die aufgekommenen Ansprüche danach zu entmystifizieren und in einem Realitätscheck zu merken, dass sie gar nicht unser gemeinsames Ziel sind, dass sie auch ohnehin unerfüllbar und wahrscheinlich in sich widersprüchlich sind.
Das Abstreifen ist wichtig für das körperliche Loslassen der Ansprüche.
Oft kann es etwas dauern, bis TN realisieren, dass es darum geht, die genannten Ansprüche in Frage zu stellen. Wenn dadurch z.B. ein merklicher Moment der Erleichterung in der Gruppe passiert, kann es sinnvoll sein, das in der Reflexion auch zu benennen und zu thematisieren.