Bildungsmaterialien für eine sozial-ökologische Transformation
  • Wirtschaftswachstum

    Wir spielen Welt

    Ein Aufstellungsspiel

    45 min
    10-25

    Wir spielen Welt

    Teilnehmende (TN) visualisieren im Raum Daten zu globalen Beziehungen zwischen ungleichem Handel, Wirtschaftswachstum und Umweltverbrauch.

  • Wir spielen Welt

    Format: Bewegung, Spiel

    Barrieren: Bewegung, Hören, Sehen

    Material: Klebeband, Gegenstände (Stühle, Luftballons etc.) als Symbole für Kategorien

    Zugänglichkeit: Die TN sollten ein Grundverständnis davon haben, was das BIP und CO2-Emissionen sind.


    Teilnehmende (TN) visualisieren im Raum Daten zu globalen Beziehungen zwischen ungleichem Handel, Wirtschaftswachstum und Umweltverbrauch.

    Lernziele

    Die TN …

    • erkennen globale Zusammenhänge zwischen ungleichem Handel, Wirtschaftswachstum und Auswirkung auf den Klimawandel.
    • erkennen das Ausmaß an Ungleichverteilung von Ressourcen pro Kopf und das Ausmaß von global ungleichem Handel.
    • lernen die Konzepte Globaler Süden und Globaler Norden inklusive der Kritik an ihnen kennen.
    • reflektieren, was es für eine gerechtere Ressourcenverteilung braucht.

    Ablauf

    Vorbereitung


    Um die Verteilung der TN auf die Kontinente zu berechnen, muss zuvor die genaue TN-Zahl im Rechner eingegeben werden. Din-A4-Blätter mit der Beschriftung der jeweiligen Kontinente werden ausgedruckt und an je einem Stuhl mit Klebeband festgemacht. Die Stühle werden grob einer Weltkarte ähnelnd im Raum verteilt. Auf zwei DIN-A3-Blätter wird je ein Pfeil gemalt. Die anleitenden Personen sollten den Hintergrundtext und ggf. die Quellentexte gelesen haben.

    Durchführung

    Es werden verschiedene Parameter nacheinander behandelt: Bevölkerung, BIP, Globaler Süden/Globaler Norden, historische CO2-Emissionen, globaler Materialhandel, Ausbeutung/Entwicklungshilfe. In einem ersten Schritt schätzen die TN selbst die Verteilung ein und positionieren sich bzw. ausgewählte Gegenstände entsprechend ihrer Schätzung auf der Weltkarte. Anschließend werden die tatsächlichen Daten des entsprechenden Parameters aufgelöst und die Gegenstände entsprechend neu verteilt. Die TN können sich kurz hierüber austauschen. Um die Verhältnisse zwischen den Parametern zu visualisieren, stellen die TN sich bei der Auflösung jedes Parameters immer wieder zu den Kontinenten, denen sie sich anfangs beim Bevölkerungsparameter zugeordnet hatten, während die Objekte das Spiel hindurch bei ihren jeweiligen Kontinenten liegen bleiben.

    1. (20 Minuten) Aufstellungen auf Kontinenten

    Als Erstes bekommen die TN den Auftrag, sich entsprechend der Verteilung der Weltbevölkerung auf die Kontinente zu verteilen. Jede Person repräsentiert damit mehrere Hundert Millionen Menschen. Haben sie sich auf eine Aufstellung geeinigt und auf der Weltkarte positioniert, so wird dieser erste Parameter von der anleitenden Person aufgelöst. Dazu werden die Daten der Kontinente jeweils auf DIN-A4-Blättern visualisiert. Die TN verteilen sich nun entsprechend der Daten neu. Anschließend werden die Datenblätter an der Wand aufgehängt.

    Für die Verteilung der nächsten Parameter überlegen sich dann die Kleingruppen der jeweiligen Kontinente, wie viel davon für sie zutrifft. Wenn die Gegenstände des zweiten Parameters BIP (insgesamt: so viele Stühle wie TN) so verteilt und sichtbar platziert sind, dass alle TN mit der Verteilung einverstanden sind, wird auch dieser anhand der berechneten Daten aufgelöst, neu sortiert und die Datenblätter werden neben die ersten an die Wand gehängt. Anschließend wird eine Aussage der TN zu ihrem Anteil erfragt, z. B.: Würden die bei euch stehenden Stühle für alle Menschen auf „eurem“ Kontinent reichen? Herrscht auf „eurem“ Kontinent eher Überfluss oder Mangel?

    2. (30 Minuten) Aufstellungen Globaler Süden und Globaler Norden

    Nach diesen zwei Aufstellungen werden die Kategorien des Globalen Südens und des Globalen Nordens ohne viel Kontext vorgestellt. Es wird vorgestellt, dass eine Seite des Klassenzimmers jetzt der Globale Süden und die andere Seite der Globale Norden ist. Die TN sollen sich mit ihren Kontinent-Kleingruppen beraten, wo sie denken, dass „ihr“ Kontinent hingehört. Nachdem die TN sich aufgestellt haben, wird der Hintergrund der Begriffe erläutert (siehe Hintergrundtext). Es wird gefragt, ob sich noch manche Kontinent-Kleingruppen ggf. neu positionieren wollen. Dann wird mit der Lösungsvorlage aufgeklärt (siehe Rechentabelle), wo die einzelnen Kontinente zuzuordnen sind. Es werden dabei Nuancen erklärt, sowie dass Japan Teil des Globalen Nordens ist und es auf jedem Kontinent reiche Eliten sowie auch marginalisierte Gruppen gibt. Es wird erläutert, dass die Begriffe daher nicht als schwarz und weiß zu betrachten sind, aber uns auf eine generelle globale geographische Ungleichverteilung und auf koloniale Kontinuität aufmerksam machen (siehe Hintergrundtext).

    Bei der letzten Aufstellung geht es um Materialhandel zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden. Es werden dazu die zwei Pfeile so auf den Boden gelegt, dass ein Pfeil vom Globalen Norden in den Globalen Süden zeigt und der andere andersherum. Die TN sollen je ihren eigenen Luftballon aufblasen und ihn dem einen oder anderen Pfeil zuordnen, je nachdem, was sie denken, wie viel Material relativ vom Süden in den Norden vs. vom Norden in den Süden fließt. Dann sollen sie sich wieder zu „ihren“ Kontinenten stellen. Anschließend wird wieder eine Aussage der TN zu ihrem Anteil erfragt, z. B.: Warum ist „eure“ Weltregion auf diesen Handel eingegangen? Ist das ein guter Deal für „euch“?

    
    

    3. (15 Minuten) Auswertung

    Danach wird die Übung mit folgenden vertiefenden Fragen ausgewertet:

    • Bei welchen Parametern hättet ihr andere Ergebnisse vermutet? Warum?
    • Wie kam es zu dieser Verteilung von Reichtum auf der Welt? Welche Verläufe in der Geschichte haben dazu beigetragen?
    • Welche Zusammenhänge seht ihr zwischen den unterschiedlichen Parametern?
    • Wie hängen Reichtum und Umweltverbrauch in den unterschiedlichen Weltregionen miteinander zusammen?
    • Warum ist es bisher nicht gelungen, den globalen Reichtum gerechter zu verteilen und was bräuchte es dafür?

    Variante

    Wenn Zeit und Kapazitäten vorhanden sind, kann eine Aufstellung hinzugefügt werden, um Entwicklungshilfe kritisch zu beleuchten. Diese Aufstellung schließt an die des Materialhandels zwischen GS/GN an. Es braucht noch ein Objekt in derselben Anzahl wie TN (Trinkflaschen, Mäppchen, Rucksäcke etc.). Die TN sollen ihr Objekt auf den einen oder anderen Pfeil legen, je nachdem, was sie denken, wie viel Geld 2015 als Entwicklungshilfe vom Globalen Norden in den Globalen Süden geflossen ist vs. wie viel Material, Energie, Land und Arbeitskraft in Geld umgerechnet vom Globalen Süden in den Globalen Norden geflossen ist. Diese Gegenüberstellung ist eine Rechnung aus dem Artikel „Imperialist appropriation in the world economy: Drain from the global South through unequal exchange, 1990–2015“ von Jason Hickel (2022).

    Im Auswertungsteil kann zusätzlich zu den vertiefenden Fragen das folgende Zitat groß auf eine Tafel oder ein Flipchartpapier geschrieben werden:

    „Diese Menge an Materialien und Energie [die in unserer Darstellung vom Globalen Süden zum Globalen Norden fließt] würde ausreichen, um Infrastruktur und Versorgung bereitzustellen: um Gesundheitsversorgung, Bildung, Wohnen, Wasser, Strom, Heizung, Kühlung, Induktionsherde, Kühlschränke, öffentliche Verkehrsmittel, Computer, Mobiltelefone usw. für die gesamte Bevölkerung des Globalen Südens bereitzustellen, um Armut zu beenden und ein menschenwürdiges Leben für alle zu gewährleisten. Stattdessen wird es für den Konsum und die Akkumulation im [Globalen Norden] abgezweigt.“ (Hickel, 2024)

    Die TN werden gefragt, sich dazu zu positionieren. Hierfür sollten ungefähr 10 Minuten mehr eingeplant werden.

    Tipps und Hinweise für Anleitende


    Bei dieser Methode ist es wichtig, immer wieder auf die Pro-Kopf-Verteilung der verschiedenen Parameter hinzuweisen, indem man diese in Relation zur Bevölkerungszahl setzt
    – dargestellt durch die TN-Zahl auf jedem Kontinent.

    Quellenangaben

    Prys-Hansen, M. (2023). The Global South: A Problematic Term. Internationale Politik Quaterly. Retrieved from: https://ip-quarterly.com/en/global-south-problematic-term

    Wiegratz, J., Behuria, P., Laskaridis, C., Liepollo Pheko, L., Radley, B., Stevano, S. (2023). Common challenges for all? A critical engagement of the emerging vision for post-pandemic development studies. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/dech.12785

    Konzeptwerk Neue Ökonomie (2022). Globalisierung, Globaler Süden & Norden. In Konzeptwerk Neue Ökonomie: Wörter des Globalen Lernens. Mit Kopf, Herz und Hand. Retrieved from: https://konzeptwerk-neue-oekonomie.org/wp-content/uploads/2022/09/Glossar_GlobalesLernen_Deutsch_digital.pdf

    Hickel, J., Dorninger, C., Wieland, H., & Suwandi, I. (2022). Imperialist appropriation in the world economy: Drain from the global South through unequal exchange, 1990–2015. Global Environmental Change, 73, 102467. https://doi.org/10.1016/j.gloenvcha.2022.102467

    Hickel, J., Hanbury Lemos, M., Barbour, F. (2024). Unequal exchange of labour in the world economy. Nature. https://www.nature.com/articles/s41467-024-49687-y

    Hickel, J. (August, 2017). The Development Delusion_: Foreign Aid and Inequality. American Affairs Journal. Retrieved from: https://americanaffairsjournal.org/2017/08/development-delusion-foreign-aid-inequality/

    Upstream & Hickel, J. (2024, Juni 13). How the North Plunders the South w Jason Hickel. [Podcast]Upstream. Retrieved from: https://www.upstreampodcast.org/conversations