Digitalisierung
Problem oder Lösung?
Positionen zu Digitalisierung & Klimagerechtigkeit
Problem oder Lösung?
Anhand von Aufstellungen wird reflektiert, inwiefern digitale Technik in globalen Krisen eine Lösung oder ein Problem ist.
Problem oder Lösung?
Format: Diskussion
Barrieren: Komplexität
Material: Hintergrundtext für Anleitende
Zugänglichkeit: Es hilft, wenn sich vorab damit beschäftigt wird, was überhaupt mit „Digitalisierung“ gemeint ist. Z.B. Anhand der Methode „Wenn ich an Digitalisierung denke“
Anhand von Aufstellungen wird reflektiert, inwiefern digitale Technik in globalen Krisen eher eine Lösung oder ein Problem ist.
Lernziele
Die Teilnehmenden (TN) …
- bauen Hürden ab, sich mit den komplexen Themen Digitalisierung, Klimakrise und globale Gerechtigkeit auseinanderzusetzen.
- erkennen, dass Digitalisierung eine ambivalente Rolle spielt im Bezug auf Klimaschutz und globale Gerechtigkeit.
- reflektieren das Potenzial und die Herausforderungen von Digitalisierung in diesem Kontext.
Ablauf
Hintergrund
Digitalisierung wird in der öffentlichen Debatte oft als Lösung im Kontext von Klimakrise und globaler Gerechtigkeit diskutiert. Sie kann Prozesse effizienter gestalten und damit Ressourcen einsparen. Ein Zugang zum Internet ermöglicht mehr Menschen weltweit, sich zu informieren und sich zu vernetzen. Gleichzeitig ist digitale Technik oft ressourcen- und stromintensiv und damit häufig eher „Scheinlösung“ in Klimafragen. Zudem werden im Kontext von Digitalisierung globale Macht- und Ausbeutungsverhältnisse meist eher verfestigt, d.h. die Gestaltungs- und Zugangsmöglichkeiten sowie Gewinne liegen vor allem im Globalen Norden.
Der Hintergrundtext zu dieser Methode führt dies näher aus.
Vorbereitung
Die Aussagen, zu denen sich die TN später positionieren, werden gut lesbar, z.B. auf einzelne Flipchart-Zettel, geschrieben.
Auf je ein Din-A4-Blatt werden die Pole „eine Lösung“ und „ein Problem“ geschrieben. Für die spätere Einstiegsfrage werden zusätzlich die Pole „eine Erleichterung“ und „eine Last“ aufgeschrieben.
Durchführung
1. Einstieg (5 Minuten)
Die anleitende Person führt in die Methode ein, indem sie darauf hinweist, dass digitale Technik immer mehr Bereiche des Lebens und der Gesellschaft durchdringt. Das bringt Vorteile und Nachteile bzw. Herausforderungen mit sich. Es ist wichtig, beide Seiten davon zu betrachten, da Digitalisierung nichts ist, was einfach „passiert“, sondern immer etwas, das Menschen – technisch und politisch – gestalten.
2. Aufstellungen mit Austauschphasen (25-30 Minuten)
Die anleitende Person markiert für die TN am Boden eine ausreichend lange Linie als Skala, auf der sich die TN gleich positionieren können. Dafür legt sie für die TN sichtbar am einen Ende der Skala den Zettel mit der Aufschrift „eine Last“ und am anderen Ende jenen mit der Aufschrift „eine Erleichterung“ auf den Boden (oder hängt die Zettel an die Wand, je nach Möglichkeit im Raum).
Die TN werden eingeladen, sich gleich zu der Aussage, die die anleitende Person vorliest, auf der Skala aufzustellen. Jede Position zwischen den Polen kann eingenommen werden. Es geht darum, wie die TN sie wahrnehmen oder einschätzen – das kann unterschiedlich sein.
Aufstellung a)
Die anleitende Person liest jetzt die erste Aussage bzw. den ersten Satzanfang vor:
„Digitale Technik ist für mich persönlich in meinem Alltag …“ [eine Last – eine Erleichterung]
Die TN nehmen sich kurz Zeit, zu überlegen. Dabei können sie sich schon auf der Skala bewegen und schauen, wie es sich anfühlt an der einen oder anderen Stelle zwischen „eine Erleichterung“ und „eine Last“. Sie können ihre Position auch immer wieder verändern.
Austauschphase:
Wenn alle TN ihre Position gefunden haben, werden sie eingeladen, sich kurz 2-3 Minuten mit einer Person, die nah bei ihnen steht, auszutauschen zu der Frage „Aus welchen Gründen hast du dich hier hingestellt?“.
Danach fragt die anleitende Person in die Gruppe, wer etwas dazu sagen möchte, weshalb sie*er sich so positioniert hat. Es geht in dieser Positionierung nicht um ein klares „Richtig“ oder „Falsch“, sondern um verschiedene Sichtweisen, die alle ernst genommen werden sollen. Die TN sollten nicht dazu gedrängt werden, sich zu ihrer Positionierung zu äußern, sondern können selbst entscheiden, ob und wann sie etwas dazu sagen möchten. Wichtig für die Übung ist aber, dass die verschiedenen Pole bzw. Positionen auf dem Barometer zu Wort kommen.
Während dieser Phase können die TN ihre Position verändern, wenn sie etwas hören, das sie dazu bewegt.
Aufstellungen b) und c)
Für die nächsten beiden Aufstellungen werden die beschrifteten Pole ausgetauscht. Die anleitende Person legt die Zettel mit den Aufschriften „ein Problem“ und „eine Lösung“ aus. Dann liest sie die nächste Aussage/den nächsten Satzanfang vor:
„Digitalisierung ist für Klimaschutz …“ [eine Lösung – Ein Problem]
Dabei geht die anleitende Person für die Aufstellung und Austauschphase so vor, wie oben bei der ersten Aufstellung beschrieben.
Falls hier von den TN wenig unterschiedliche Perspektiven genannt werden, kann die anleitende Person auch Argumente aus dem Hintergrundtext einbringen.
Als dritte und letzte Aufstellung werden die TN eingeladen, sich zu folgender Aussage zu positionieren:
„Digitalisierung ist für globale Gerechtigkeit …“ [eine Lösung – ein Problem]
Dabei geht die anleitende Person für die Aufstellung und Austauschphase so vor, wie oben bei der ersten Aufstellung beschrieben. Falls hier von den TN wenig unterschiedliche Perspektiven genannt werden, kann die anleitende Person auch Argumente aus dem Hintergrundtext einbringen.
4. Reflexion (15-20 Minuten)
Alle TN kommen in einem Stuhlkreis zusammen. Hier können zur Reflexion noch folgende Fragen besprochen werden:
- Wie einfach oder schwer ist es euch gefallen, euch zu positionieren? Was war daran einfach, was schwierig?
- Was ist euch bei den Positionierungen und in den Austauschphasen aufgefallen?
- [Je nach Gruppe:] Welche Perspektiven waren nicht im Raum? Wer hätte sich vielleicht anders positioniert, weil sie*er anders betroffen (oder strukturell diskriminiert) ist?
- Welche Positionen nehmt ihr in der öffentlichen Debatte mehr wahr, welche weniger? Woran könnte das liegen?
- Wie geht ihr damit um, wenn etwas so zwiespältig oder ambivalent ist wie die Rolle von Digitalisierung im Bezug auf Klimaschutz oder globale Gerechtigkeit?
- Was bedeutet diese Ambivalenz für politische Entscheidungen rund um Digitalisierung?
Varianten
Je nach Schwerpunkt kann auch nur eine der weiterführenden Fragen bearbeitet werden – zu Klima oder zu globaler Gerechtigkeit.
Wenn es Gruppen schwerfällt, sich im Raum zu positionieren, können die TN auch vorher Gegenstände wählen, die sie anstatt ihrer selbst auf der Skala positionieren.
Die Reflexionsfragen sind sehr unterschiedlich komplex: Sie können je nach Zielgruppe ausgewählt werden.
Durchführung digital
Um die Methode in Online-Formaten durchzuführen, bietet sich für die Aufstellungen ein Online-Whiteboard an, auf dem alle TN etwas markieren/zeichnen/schreiben können. Auf dem Whiteboard wird die Skala mit den Polen abgebildet. Die TN können dann mit einem Symbol oder ihrem Namen eine Position auf der Skala wählen. Es bietet sich an, das vorab mit einer willkürlichen Skala zu testen (z.B. „Ich mag Erdbeereis …“ [sehr – gar nicht]).
Die kurze Austauschphase mit Personen, die sich ähnlich positioniert haben, entfällt bei der Online-Durchführung.
Es schließt dann gleich die Frage in die Gruppe an, wer sich aus welchen Gründen wie positioniert hat.
Die Abschlussreflexion kann optional zuerst in Kleingruppen durchgeführt werden. Dann können wichtige Aspekte daraus in der Großgruppe zusammengetragen werden, falls online die Zeit für die TN in der Großgruppe zu lang wird. Dabei können die Kleingruppen ihre Gedanken zu den (ausgewählten) Leitfragen der Reflexion auch mittels eines Online-Tools aufschreiben. So werden die Gedanken aus den verschiedenen Gruppen für alle sichtbar.
Tipps und Hinweise für Anleitende
Bei großen Gruppen ist es oft schwierig, dass sich die TN gut sehen und hören, wenn sie auf der Skala stehen und sprechen. Deswegen kann die Skala als Bogen/Halbkreis geformt werden.
Die Aussagen und Pole sind bewusst so gewählt, dass es keine eindeutige Antwort darauf gibt. Das ist für TN manchmal herausfordernd oder wirkt provokant. Dann kann besonders betont werden, dass es genau darum geht, auszuloten, welche Aspekte eher eine Lösung oder ein Problem darstellen – so kann das Thema besser verstanden werden. Einen Umgang mit Ambivalenz zu lernen ist zudem eine wichtige Aufgabe im Kontext von Bildung für nachhaltige Entwicklung und globalem Lernen
Möglichkeiten zur Weiterarbeit
Wenn der Schwerpunkt auf Digitalisierung und Klimaschutz lag, bietet sich z. B. eine Weiterarbeit mit der Methode „Rebound-Comics digitale Technik“ an.
Lag der Fokus auf globalen Gerechtigkeitsfragen kann die Methode „Endlich im Netz?“ gut angeschlossen werden. Wenn es grundsätzlich weiter darum gehen soll, welche Möglichkeiten es gibt für eine nachhaltige und faire Gestaltung von Digitalisierung, kann mit den Methoden „Die Zukunft digitaler Technik“ oder „Schritt für Schritt – Digitalisierung global fair gestalten“ weitergearbeitet werden.