Alternativen
Open Localism
Ein Gedankenexperiment zu regionalen Wirtschaftskreisläufen
Open Localism
Nach einem Einstiegsspiel, bei dem der Begriff „Open Localism“ assoziativ gefüllt wird, wird das Konzept erklärt.
Open Localism
Format: Gruppenarbeit, Spiel
Barrieren: Hören, Lesen, Schreiben, Sehen
Material: weißes DIN A4 Papier, Marker, Moderationskarten, Arbeitsmaterial zum Download
Zugänglichkeit: Die TN haben sich mit grundlegenden ökologischen Problemen im Zusammenhang mit Wirtschaftswachstum und Globalisierung beschäftigt und nehmen eine offene Grundhaltung gegenüber einer sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaft ein, um sich auf die Übung einlassen zu können.
Nach einer gemeinsamen Begriffserfassung, übertragen die Teilnehmenden (TN) das Konzept im Rahmen eines Gruppen-Gedankenexperiments auf verschiedene Lebensbereiche.
Lernziele
Die Teilnehmenden (TN)
- lernen das Konzept „Open Localism“ als Ansatz der Degrowth-Bewegung kennen.
- setzen sich mit der Frage auseinander, wie eine Regionalisierung von Wirtschaftskreisläufen mit dem Ideal einer offenen, kosmopolitischen Gesellschaft in Einklang gebracht werden kann.
- entwickeln eine Vorstellung davon, wie sich regionale wirtschaftliche Strukturen auf verschiedene Lebensbereiche auswirken könnten
Ablauf
Hintergrund
Viele sozial-ökologische Alternativvorschläge innerhalb der Postwachstumsdebatte zielen auf eine Regionalisierung von Wirtschaftskreisläufen in bestimmten Bereichen (wie z. B. der Lebensmittelproduktion), um einerseits die ökologische Belastung durch Transport- und Reisewege zu verringern und andererseits wieder einen direkteren Kontakt zwischen Produzierenden und Konsumierenden herzustellen. Dadurch wird eine größere Transparenz über die sozialen und ökologischen Auswirkungen der Produktion ermöglicht, die Externalisierung von Kosten erschwert und demokratische Kontrolle gestärkt. Gleichzeitig ist es in diesem Feld besonders wichtig, sich von nationalistisch, rassistisch oder chauvinistisch motivierten Regionalisierungsvorschlägen abzugrenzen, die eine Rückkehr zu regionalen Strukturen fordern, um den eigenen Wohlstand gegenüber anderen abzusichern oder um homogene Identitäten vor Zuwanderung abzuschotten.
Es ist aus einer Degrowth-Perspektive deshalb wichtig, regionale wirtschaftliche Strukturen explizit mit einer kosmopolitischen Haltung (also Offenheit gegenüber der Bewegungsfreiheit von Personen und kulturellem Austausch zwischen den Regionen) zu verbinden und darüber nachzudenken, wie das aussehen könnte.
Vorbereitung
Die Anleitenden erarbeiten sich ein grundlegendes Verständnis des Konzepts, um „Open Localism“ in groben Zügen erklären zu können (siehe dazu Skript zum Kurzinput, Schaubild und Hintergrundtext im Arbeitsmaterial). Die Visualisierung des Kurzinputs wird auf einem Flipchart vorbereitet. Tische oder Sitzgelegenheiten mit Flipchart-Papier und Markern für die Gruppenarbeit werden bereitgestellt.
Durchführung
- Einstiegsspiel in Anlehnung an „Nobody is perfect“ (15 Minuten)
Die TN werden in Kleingruppen eingeteilt, die Gruppen erhalten jeweils ein weißes Blatt Papier und einen Marker. Auf die Tafel/das Flipchart wird der Begriff „Open Localism“ geschrieben. Der Begriff wird zunächst nicht näher inhaltlich erläutert, um eine möglichst große Offenheit von Assoziationen für das Spiel zu ermöglichen. Die Gruppen erhalten folgenden Arbeitsauftrag: „Was glaubt ihr: Was bedeutet Open Localism? Wenn ihr den Begriff nicht kennt, überlegt, was er bedeuten könnte, und schreibt eine möglichst glaubhafte Definition gut lesbar auf euer Blatt.“ Die Definition des Begriffs muss nicht „wahr“ und darf auch kreativ sein oder bewusst in die Irre führen; sie sollte aber möglichst überzeugend formuliert sein und nicht mehr als eins bis zwei Sätze umfassen.
Wenn alle Gruppen eine Definition verfasst haben, werden die Definitionen eingesammelt, gemischt und nacheinander vorgelesen. Anschließend wird (z. B. per Handzeichen) abgestimmt, wer welche Definition für die „Plausibelste“ hält. Es darf nicht für die eigene Definition gestimmt werden.
2. Kurzinput zur Idee von „Open Localism“ (10 Minuten)
Anschließend wird das Rätsel aufgelöst. Alle Definitionen aus den Gruppen werden an eine Pinnwand geheftet, hinzu kommt nun eine weitere Definition, die von den Anleitenden eingeführt wird: „Open Localism bezeichnet die Idee einer lokalen Ökonomie der kurzen Wege für Güter und Dienstleistungen, die aber nicht mit einer Abschottung nach außen oder gegenüber ‚dem Fremden‘ einhergeht.“
Ausgehend von der vorgestellten Definition wird die Idee von „Open Localism“ im Plenum näher erklärt, wobei deutlich werden sollte, dass das Konzept noch im Entstehen und in der Diskussion ist, weshalb es kein fertiges Theoriegebäude darstellt. Für diesen Kurzinput stehen ein Skript, ein Schaubild sowie ein Hintergrundtext zur Verfügung (siehe Arbeitsmaterial). Danach gibt es die Gelegenheit für Rückfragen oder auch für Zweifel und Kritik am Konzept. Der Schwerpunkt liegt aber im Folgenden nicht auf der Diskussion des Konzepts (oder seiner Umsetzbarkeit), sondern auf der nun folgenden Ideensammlung, wie eine lokale, aber offene Gesellschaft konkret aussehen könnte.
3. Gruppenarbeit zu verschiedenen Lebensbereichen (20-25 Minuten)
Im Folgenden werden zunächst im Plenum Lebensbereiche definiert, die die TN interessieren und die sie im Hinblick auf „Open Localism“ untersuchen wollen. Denkbar sind z. B. Freizeit, Ernährung, Bildung, Handel, Sport, High-Tech-Geräte… Die Themenbereiche dürfen unterschiedlich konkret sein oder sich überschneiden. Alle genannten Themenbereiche werden durch die Anleitenden auf Moderationskarten gut lesbar festgehalten und an einer Pinnwand befestigt. Anschließend wird eine angemessene Anzahl an Karten ausgewählt, die die Gruppe weiter bearbeiten möchte. Es bietet sich an, nur so viele Karten auszuwählen, dass sich daraus im Schnitt Gruppen von mindestens vier Personen ergeben (also z. B. bei zwölf TN: drei Themen), größere Gruppen sind noch besser.
Die ausgewählten Karten werden dann auf die mit Flipchartpapier und Markern bestückten Arbeitstische im Raum verteilt. Die TN ordnen sich dem Thema zu, an dem sie am meisten interessiert sind. Es ist wichtig, dass die Gruppen etwa gleich groß sind. Anschließend wird die Fragestellung für die Gruppenarbeit genannt und für alle zur Erinnerung visualisiert: „Wie könnte ‚Open Localism‘ in eurem Bereich aussehen?“ Die TN sammeln und diskutieren Antworten und offene Fragen für ihren Bereich und halten ihre Überlegungen in einer Mindmap auf dem Flipchart fest. Nach der Gruppenarbeit werden die Flipcharts im Plenum vorgestellt und Rückfragen beantwortet.
4. Auswertung (10 Minuten)
Zum Abschluss der Methode bieten sich folgende Auswertungsfragen an:
- Was waren für euch die interessantesten Aspekte in euren Diskussionen?
- Hat euch das Konzept „Open Localism“ neue Erkenntnisse im Bezug auf eine sozial-ökologische Transformation gebracht? Welche?
- Gab es Bereiche, die ihr besonders leicht oder schwierig zu bearbeiten fandet? Woran lag das?
- Welche offenen Fragen haben sich ergeben, die für euch schwer zu beantworten waren?
- Welche positiven und negativen Effekte einer Regionalisierung seht ihr für euch persönlich?
- Wie könnte man den negativen Effekten, die ihr erwartet, entgegenwirken?
Tipps und Hinweise für Anleitende
Wir empfehlen, mit dem englischen Begriff „Open Localism“ zu arbeiten, weil es derzeit keine wirklich gute oder etablierte deutsche Überset- zung dafür gibt. Falls nötig, kann aber z. B. von „Offener Regionalisierung“ oder „Kosmopolitischer Regionalisierung“ gesprochen werden. Bei Gruppen, denen ein ganz freies Brainstorming schwerfällt, können Hilfestellungen gegeben werden. Einerseits können Lebensbereiche,
die sich besonders eignen, vorgegeben werden, z. B. Landwirtschaft, Bildung, Freizeit, Handel, Gesetzgebung, Fußball, High-Tech-Geräte … Andererseits können weitere Fragen als Hilfestellung in die Kleingruppen gegeben werden: Wie könnte „Open Localism“ in eurem Bereich aussehen? Was wird mehr, was weniger? Was wird einfacher, was schwerer? Wovor hättet ihr Angst?
Möglichkeiten zur Weiterarbeit
Anschließend kann zur Frage nachdem „Wie“ gesellschaftlicher Transformation weitergearbeitet werden, z. B. mit der Methode „Wer macht den Wandel?“ Eine weitere Option ist die Weiterentwicklung persönlicher Utopien anhand von „Wie möchten wir gelebt haben?“ (Methodenheft „Endlich Wachstum“, Kapitel 5) oder „Nowtopia“ (Alternativen).