Bildungsmaterialien für eine sozial-ökologische Transformation
  • Alternativen

    Nowtopia

    Eine Zukunftswerkstatt zur Umsetzung eigener Projekte

    240 min
    12-30

    Nowtopia

    Im Rahmen einer Zukunftswerkstatt entwickeln die Teilnehmenden Ideen und Projekte für die Umgestaltung ihrer Lebenswelt.

  • Nowtopia

    Format: Spiel

    Barrieren: Komplexität, Lesen, Sehen

    Material: 1 großer Bogen Packpapier oder mehrere Flipchartbögen aneinander geklebt, ein Stapel DIN A4 Papier, evtl. mehrere Stücke Karton (z.B. aus alten Pappkisten), Plakate, Moderationskarten und Marker, Arbeitsblatt und Schaubild zum Download

    Im Rahmen einer Zukunftswerkstatt entwickeln die Teilnehmenden Ideen und Projekte für die Umgestaltung ihrer eigenen direkten Lebenswelt in Richtung einer ökologisch nachhaltigen und lebenswerten Gesellschaft. Als Vorbild und Inspiration für diesen Prozess dienen die Ideen der Transition Town Bewegung.

    Hintergrund
    Die Transition Town Idee, die seit dem Jahr 2004 unter anderen von dem englischen Permakultur-Designer Rob Hopkins entwickelt und verbreitet wird, ist innerhalb weniger Jahre zu einer internationalen Bewegung angewachsen. Die Vertreter_innen gehen davon aus, dass es im Hinblick auf ökologische Krisenphänomene wie Klimawandel und Peak Oil nicht nur eine moralische Frage ist, ob wir unseren Lebensstil in den westlichen Industriegesellschaften überdenken. Es geht auch darum, uns selbst auf die (negativen) Auswirkungen z.B. von Rohstoffknappheit, die in der Zukunft zu erwarten sind, vorzubereiten. In diesem Zuge experimentieren die Transition Town Pioniere mit neuen Formen des Zusammenlebens und des regionalen Wirtschaftens. Es sollen schon jetzt (Nowtopia!) Lebensweisen entwickelt und erprobt werden, die gegenüber zukünftigen Krisen robuster und widerstandsfähiger sind als die momentane globalisierte, auf Fremdversorgung ausgerichtete Wirtschaft. Diese Lebensweisen sollen aber gleichzeitig global verallgemeinerbar sein, also das Potential haben, allen Menschen auf der Welt ein gutes Leben zu ermöglichen, ohne die Grenzen des Planeten zu überschreiten.
    Die Transition Town Idee zeichnet sich dadurch aus, dass die Initiativen sofort beginnen, ihre direkte Lebensumwelt zu verändern, anstatt auf richtungsweisende Entscheidungen auf politischer Ebene zu warten. Dieser Mut zur Nutzung des eigenen Spielraums hat viele Menschen angesprochen und zum Handeln ermutigt: Das internationale Transition Network berichtet von weltweit inzwischen 1.170 Initiativen in 47 Ländern (vgl. Transition Network Report 2014).

    Vorbereitung
    Die Transition-Grafik herunterladen und den Beamer aufbauen. An einer anderen Wand wird eine große Wandzeitung aufgehängt, darauf wird in der Mitte eine horizontale Linie gezogen.

    Durchführung
    Das Bild von der „Transition Town“ wird per Beamer gezeigt und erläutert: Oben ist die neu entstehende nachhaltige Stadt zu sehen, die die alte Stadtstruktur (unten) ablöst. Anhand des Bildes stellen die Anleitenden die Grundidee der Transition Town Bewegung kurz vor und leiten dann in die Methode über: Diese Idee werden wir jetzt auf unseren Kontext übertragen, also: Wie könnte z. B. eine „Transition School“ aussehen? Wie könnte sich unser Stadtteil / die Umgebung, in der wir leben, verändern, um besser auf Klimawandel und Ressourcenknappheit vorbereitet zu sein? Im Folgenden werden die verschiedenen Phasen der Zukunftswerkstatt und das Vorgehen in den nächsten Stunden erläutert.

    1. Problemphase (20′-30′)
    Bei der Problemphase sollen zunächst erst einmal alle „Baustellen“ gesammelt werden, die den TN in den Sinn kommen. Die TN tauschen sich dazu zunächst in Kleingruppen von 5-6 Personen zur bestehenden Situation aus. Sie bekommen weiße DIN A4 Blätter, auf denen sie jedes Problem visualisieren, das sie in ihrem Kontext sehen – als kleine Zeichnung oder auch als Symbol oder als Schlagwort(e). Wichtig dabei ist, dass die Visualisierung als Denkstütze dienen soll, damit sich andere in der Gruppe später an das angesprochene Problem erinnern können. Für die erste Phase können folgende Fragen hilfreich sein:
    > Wo werden bei uns viele Ressourcen verbraucht oder verschwendet?
    > An welchen Stellen ist es für uns schwierig, uns in unserem Kontext nachhaltig zu verhalten? Warum?
    Dann stellen die Kleingruppen ihre Ergebnisse der Gesamtgruppe vor. Während der Vorstellung kleben sie ihre Zettel auf die obere Hälfte der vorbereiteten Wandzeitung. Diese Hälfte steht wie in der Darstellung von Transition Town für den „alten“ Zustand, der verändert werden soll.

    2. Utopiephase (20′-30′)
    Zu Beginn der Utopiephase wird die Wandzeitung umgedreht, so dass die Probleme jetzt unten auf dem Kopf stehen und oben Platz für die neuen Ideen ist. Nun setzen sich die TN wieder in ihren Kleingruppen zusammen und beginnen ein zweites Brainstorming: Sie spinnen Ideen, wie Lösungen für die Probleme aussehen könnten, die in der ersten Runde von ihrer eigenen Gruppe, aber auch von anderen geäußert wurden.
    Dabei ist es sehr wichtig zu betonen, dass alle Ideen hier zulässig sind, unabhängig davon, wie realistisch ihre Umsetzung ist. In dieser Phase soll mit möglichst wenig „Denkschranken“ phantasiert werden. Zur Verdeutlichung dieses Prinzips können die Anleitenden ein Schild mit der Aufschrift „Alles ist möglich“ aufhängen. Auch diese Ideen werden auf weißen Blättern visualisiert und anschließend in der Gesamtgruppe vorgestellt. Die Blätter werden auf die freie Hälfte der Wandzeitung gehängt.

    3. Planungsphase (mind. 90′)
    In der letzten Phase werden zunächst gemeinsam in der Großgruppe diejenigen Ideen identifiziert, mit denen die TN sich näher beschäftigen wollen. Das können Ideen sein, die die TN für besonders wichtig oder originell oder auch für direkt umsetzbar halten. Für jede Idee, die mindestens eine Person weiterentwickeln will, wird ein Blatt Papier (oder schöner: 1 Stück Karton) mit einem Stichwort versehen und auf den Boden gelegt.
    Dann werden die Stichwörter im Raum verteilt. Die TN gehen umher und überlegen, an welchem Projekt sie sich gerne beteiligen würden, um es weiter zu planen und ggf. umzusetzen. Dann entscheidet sich jede_r TN für ein Projekt und stellt sich zu dem entsprechenden Stichwort.
    Im Folgenden haben die so entstandenen Projektgruppen (oder Einzelpersonen) 3 Minuten Zeit, sich darüber zu verständigen, was sie sich unter diesem Projekt vorstellen und was daran besonders spannend oder vielversprechend ist. Anschließend wird von jeder Gruppe ein kurzes Plädoyer von 1 min. gehalten, das die anderen davon überzeugen soll, sich ebenfalls an ihrem Projekt zu beteiligen. Die anleitende Person oder ein_e TN achtet auf die Zeit. Wenn alle Plädoyers gehalten sind, haben die TN die Möglichkeit, ihre Position zu verändern, falls eine der anderen Projektgruppen sie von ihrer Idee überzeugt hat. Anschließend beraten sich die neu gemischten Gruppen wieder und stellen im nächsten Plädoyer (wieder 3 bzw. 1 Minute) weitere wichtige Argumente für ihr Projekt dar. Dieser Prozess kann auch mehrfach wiederholt werden, solange noch Dynamik, also Wechsel zwischen den Gruppen vorhanden ist. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass es nicht darum geht, unbedingt das eigene Projekt zu verwirklichen. Vielmehr sollen durch diesen Prozess die besten Ideen aus der gesamten Gruppe herausgefiltert werden. Dieser Hinweis erleichtert den TN den Wechsel und verhindert, dass der Prozess zu langwierig wird.
    Sobald die Gruppen statisch werden und/oder gute Gruppengrößen erreicht haben (mind. 3-4 Personen pro Gruppe oder eine vorher durch die Anleitenden definierte Anzahl von Projekten, je nach Gruppengröße), wird der Auswahlprozess beendet und die eigentliche Planung der Projekte beginnt.
    Für die jetzt anschließende Gruppenarbeit bekommt jede Gruppe zur Unterstützung das Arbeitsblatt mit Leitfragen für die Planung (siehe Material). Diese letzte Gruppenarbeitsphase sollte mindestens eine Stunde dauern, um die Projekte ausführlich zu diskutieren und zu planen. Eine Person in der Kleingruppe hält die Ergebnisse in einem Protokoll fest. Außerdem bereiten die Gruppen eine kleine Präsentation ihrer Ergebnisse in der Gesamtgruppe vor. Dafür liegen Moderationsmaterial, Flipchartpapier, Karten und Stifte etc. bereit.
    Alle Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse.

    Auswertung
    Die Auswertung dient einerseits der Reflexion des Arbeitsprozesses in der Gruppe und andererseits dem Nachdenken über Möglichkeiten und Grenzen individuellen Handelns:

    • Wie ging es euch mit der Projektarbeit? Seid ihr zufrieden mit dem Arbeitsprozess? Seid ihr zufrieden mit den Ergebnissen?
    • Wo sind die Grenzen unserer eigenen Handlungsfähigkeit/Gestaltungsmacht? Wie funktioniert gesellschaftlicher Wandel und was können wir dazu beitragen?
    • Wie können wir unsere eigenen Handlungsräume erweitern?

    Varianten
    Für die Anmoderation der Methode ist es wichtig zu entscheiden, wie weit der Rahmen der Zukunftswerkstatt gesteckt werden soll: Der Einstieg über das Beispiel Transition Town legt nahe, ökologische Nachhaltigkeit ins Zentrum der Problemanalyse zu stellen und damit eine explizit sozial-ökologische Transformation anzuregen. Bei Gruppen, die vom Thema weiter weg sind, kann es aber auch sinnvoll sein, den Rahmen weiter zu stecken und alle möglichen auch sozialen, zwischenmenschlichen oder organisatorischen Probleme zuzulassen.

    Tipps und Hinweise für Anleitende
    Weitere Hintergrundinformationen für Anleitende zu den Transition-Town-Initiativen finden sich auf den Webseiten des deutschsprachigen und des internationalen Netzwerks:
    www.transition-initiativen.de
    www.transitionnetwork.org
    Eine gute ausführlichere Beschreibung der Zukunftswerkstatt als Methode (mit konkreten Beispielen)
    findet sich hier: http://methodenpool.uni-koeln.de/download/zukunftswerkstatt.pdf
    Für externe Pädagog*innen ist es sinnvoll, sich vorab mit der betreuenden Person/Lehrer*in der
    Gruppe/Schulklasse abzusprechen und sie zu bitten, die entstehenden Projekte weiter zu begleiten.