Bildungsmaterialien für eine sozial-ökologische Transformation
  • Ökologie

    Großer Fuß auf kleiner Erde

    Eine vielfältige Annäherung an den ökologischen Fußabdruck

    70 min
    6-30

    Großer Fuß auf kleiner Erde

    Die Teilnehmenden (TN) lernen den Ökologischen Fußabdruck und seiner Kritik kennen und beschäftigen sich mit globaler Ungleichheit.

  • Großer Fuß auf kleiner Erde

    Format: Diskussion, Multimedia

    Barrieren: Hören, Lesen, Motorik, Schreiben

    Material: ein digitales Endgerät pro TN, Klebeband oder Kreide, Beamer mit Ton, Flipchart-Papier, Stifte, Arbeitsmaterial zum Download

    Zugänglichkeit: abgedunkelter Raum zum Video-schauen, etwas Platz für Aufstellung Zugänglichkeit: Ein Grundverständnis der TN über den Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und Klimakrise ist wichtig. Es hilft, wenn die TN schon einmal vom ökologischen Fußabdruck gehört haben. Das ist aber keine Voraussetzung. Die Methode ist sehr umfangreich und dauert in ihrer Gänze sehr lange. Die Methode kann gekürzt werden, indem einzelne Teile davon weggelassen werden. Barrieren: sehen, hören, lesen, Motorik

    Die Teilnehmenden (TN) lernen den Ökologischen Fußabdruck und Kritik an der individuellen Berechnung kennen und beschäftigen sich mit globaler Ungleichheit im Kontext der Klimakrise.

    Lernziele

    Die TN…

    • lernen das Konzept des ökologischen Fußabdrucks kennen.
    • werden dazu angeregt, den persönlichen Fußabdruck und den Fokus auf individuellen Konsum in Nachhaltigkeitsdebatten kritisch zu reflektieren.
    • stellen den Zusammenhang zwischen dem ökologischen Fußabdruck und globalen Gerechtigkeitsfragen her und reflektieren in dem Kontext ihre eigenen Bedürfnisse und Gerechtigkeitsvorstellungen.
    • erkennen Handlungsmöglichkeiten und Ansätze, um Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten.

    Ablauf

    Vorbereitung

    Die anleitende Person macht sich mit dem Konzept des ökologischen Fußabdrucks vertraut. Dafür liest sie den Hintergrundtext für Anleitende, macht selbst den Fußabdruck-Test und schaut sich das Video an. Das Video ist auf Englisch. Es können Untertitel auf Deutsch hinzugefügt werden und ggf. die Geschwindigkeit angepasst werden (siehe Tipps und Tricks für Anleitende).

    Für 3. wählt die anleitende Person auf der Website des Global Footprint Network(https://data.footprintnetwork.org/#/) vier bis sechs Länder aus und notiert jeweils deren Pro-Kopf-Fußabdruck. Es bietet sich an, Länder mit sehr unterschiedlich hohem Fußabdruck zu wählen.

    Durchführung

    1. Einstieg (5 Minuten)

    Die anleitende Person stellt in einem kurzen Input zunächst den ökologischen Fußabdruck als Messmethode für den menschlichen Verbrauch natürlicher Ressourcen vor. Grundlage dafür bildet der Hintergrundtext für Anleitende (siehe Material zum Download). Dabei ist es sinnvoll, zu Beginn nicht zu tief in die Messmethode des Fußabdrucks einzusteigen, sondern lediglich die Grundlagen zu klären. Für den folgenden Part ist es wichtig, dass die TN den durchschnittlichen globalen Fußabdruck (2022: 2,7 gha), den durchschnittlichen Fußabdruck in Deutschland (2022: 4,5 gha) und die durchschnittlich verfügbare Biokapazität (2024: 1,6 gha) kennen. Diese drei Zahlen sollten an der Pinnwand visualisiert werden, um sie für die Weiterarbeit präsent zu halten. Verständnisfragen sollten sofort geklärt werden.

    2. Individueller Fußabdruk (35 Minuten)

    Die TN berechnen ihren persönlichen ökologischen Fußabdruck und setzen sich kritisch mit dem Konzept des ökologischen Fußabdrucks auseinander. Sie nutzen dafür den Fußabdruck-Test von Brot für die Welt. Dafür scannen sie mit ihren mobilen Endgeräten den ausgedruckten QR-Code (siehe Material zum Download) und klicken sich selbstständig durch die Bereiche Ernährung, Wohnen, Mobilität und Konsum. Nach den jeweiligen Zwischenergebnissen erhalten sie ein Endergebnis, in dem der persönliche ökologische Fußabdruck im Vergleich zum durchschnittlichen in Deutschland sowie im Vergleich zur globalen Biokapazität gezeigt wird. Außerdem gibt es einen Hinweis auf den kollektiven Fußabdruck, also jenen ökologischen Verbrauch, der durch die Infrastruktur in Deutschland gegeben ist, ganz unabhängig vom persönlichen Verbrauch.

    Direkt im Anschluss erklärt die anleitende Person, dass es auch Kritik am Konzept des ökologischen Fußabdrucks gibt und zeigt ein kurzes Video (Ausschnitt aus: DW „Why Big Oil loves to talk about your carbon footprint“, https://www.youtube.com/watch?v=vqZVCEnY-Us, Minute 0:00-03:14). Das Video ist auf Englisch mit deutschen Untertiteln.

    Danach werden die Ergebnisse aus dem Fußabdruck-Test und die Informationen aus dem Video zusammen ausgewertet. Folgende Fragen können dazu genutzt werden:

    • Wie ging es euch beim Beantworten der Fragen?
    • Seid ihr überrascht über euer Ergebnis?
    • Was glaubt ihr: Warum ist euer persönlicher Fußabdruck so groß oder klein?
    • An welchen Stellschrauben des Abdrucks könntet ihr noch etwas ändern und worauf habt ihr eigentlich keinen Einfluss? Welche Möglichkeiten seht ihr, den kollektiven Fußabdruck zu verkleinern?
    • Kann jede*r in Deutschland und auch global an denselben Stellschrauben drehen oder gibt es da Unterschiede?
    • Im Video fragt sich der Protagonist: „Sollte ich mich wegen meines ökologischen Fußabdrucks schuldig fühlen? Oder lenken diese Forderungen nach persönlichen Opfern nur von echten Lösungen für das Klima ab?“ Was denkt ihr zu dieser Frage?

    3. Ländervergleich (10-15 Minuten)

    Im nächsten Schritt setzen sich die TN mit dem globalen Vergleich von ökologischen Fußabdrücken verschiedener Länder auseinander.

    Hierzu wird zunächst auf dem Boden mit Klebeband oder Kreide eine Linie markiert, die genügend Platz dafür bietet, dass sich alle TN problemlos darauf positionieren können. Ausgehend vom durchschnittlichen globalen Fußabdruck (2022: 2,7 gha) sollen die TN nun die Größe der Fußabdrücke verschiedener Länder schätzen. Ein Ende der Linie steht für „sehr viel größer als der durchschnittliche globale Fußabdruck“, das andere Ende für „sehr viel kleiner als der durchschnittliche globale Fußabdruck“. Das Spektrum kann von Land zu Land variieren. (Bei den USA bietet es sich eher an, die Pole auf „mehr als viermal so groß“ und „so groß wie der durchschnittliche globale Fußabdruck“ festzusetzen.)

    Die anleitende Person nennt ein Land und die TN stellen sich auf der markierten Linie gemäß ihrer Einschätzung auf. Nachdem sich die TN positioniert haben, können sie ihre Einschätzung begründen, bevor dann die tatsächliche Größe der Länder-Fußabdrücke aufgelöst wird. Es bietet sich an, Aufstellungen zu maximal sechs Ländern zu machen.

    4. Auswertung (10-15 Minuten)

    Für die Auswertung können folgende Fragen verwendet werden:

    • Was ermöglicht uns ein Blick auf den ökologischen Fußabdruck? Welche Informationen liefert er uns? Welche liefert er uns aber auch nicht?
    • Was ist der Unterschied zwischen dem persönlichen Fußabdruck und dem nationalen Fußabdruck? Welcher ist eurer Meinung nach aussagekräftiger?
    • Welche Länder haben einen besonders großen Fußabdruck und wie lässt sich das erklären?
    • Seht ihr einen Zusammenhang zwischen materiellem Wohlstandsniveau und Größe des Fußabdrucks?
    • Der nationale Fußabdruck sagt nichts darüber aus, welche Bevölkerungsgruppen eines Landes wie stark zum Fußabdruck beitragen. Welche Unterschiede gibt es eurer Meinung nach?
    • Wo seht ihr Zusammenhänge zwischen ökologischem Fußabdruck und Wirtschaftswachstum?
    • Was sind mögliche Konsequenzen für unsere Wirtschaften, wenn wir zukünftig innerhalb der Grenzen der Erde leben wollen?


    5. Abschluss (20-30 Minuten)

    Zum Abschluss dieser Einheit können die TN eigene Ideen und Empfehlungen sammeln, die zur Senkung des ökologischen Fußabdrucks in Deutschland beitragen würden. Dabei soll es vorrangig nicht um individuelle Konsumentscheidungen gehen, sondern um (zivil-)gesellschaftliche Ideen und politische Maßnahmen, die dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck der gesamten Bevölkerung zu verringern. Dazu bilden sich Kleingruppen, die auf Plakaten stichpunktartig ihre Empfehlungen notieren und sie dann in der Großgruppe präsentieren.

    Varianten

    Die Methode ist sehr umfangreich und dauert in ihrer Gänze sehr lange. Wenn im Rahmen einer Bildungsveranstaltung nicht so viel Zeit ist, kann die Methode gekürzt werden, indem einzelne Teile davon weggelassen werden.

    So kann z. B. der Fokus auf entweder den persönlichen Fußabdruck und die Kritik daran (1. und 2.) oder auf den Ländervergleich und die großen Unterschiede zwischen Ländern des Globalen Nordens und Ländern des Globalen Südens (1. und 3.) gelegt werden. Falls alle TN erst kürzlich den Fußabdruck-Test gemacht haben, kann 2. übersprungen werden. Die Sammlung von Ideen zur Reduktion des Fußabdrucks (4.) kann bei dieser Methode weggelassen werden, wenn mit einer anderen lösungs- oder handlungsorientierten Methode weitergearbeitet wird, z. B. „Eine andere Welt im Bau“, „Wer macht den Wandel?“.

    Durchführung digital

    Die Methode kann mit folgenden Anpassungen auch im digitalen Raum durchgeführt werden:

    • 1. und 2. können so übernommen werden, wie oben beschrieben. Das Video kann über „Bildschirm teilen“ gezeigt werden oder die TN erhalten den Link über den Chat und schauen sich das Video jede*r für sich an.
    • 3. Globaler Vergleich von ökologischen Fußabdrücken verschiedener Länder: Die TN werden in Kleingruppen à 3-4 Personen geteilt und erhalten Zugang zur Website des Footprint Networks: https://data.footprintnetwork.org/#/. Die anleitende Person kann die Seite auch kurz über „Bildschirm teilen“ zeigen. Die TN erhalten die Aufgabe, als Gruppe jeweils zwei Länder zu suchen, deren Fußabdruck unter dem nachhaltigen Durchschnitt der Biokapazität (Stand 2024: 1,6 gha) liegt, zwei Länder ungefähr auf dem Durchschnitt und zwei Länder, die deutlich darüber liegen. Zurück in der großen Gruppe stellen die Gruppen jeweils die gefundenen Länder vor. Danach geht die Gruppe in die gemeinsame Auswertung.
    • 4. Ideen zur Senkung des ökologischen Fußabdrucks: Zum Abschluss der Einheit können die TN ihre Ideen für eine Reduktion des Fußabdrucks in Deutschland in einem Online-Wortwolken-Tool brainstormen. Dafür teilt die anleitende Person den passenden Link und die TN tippen all ihre Ideen in das Tool. Anschließend sehen die TN die Ideen aller in einer Wortwolke und können sich ggf. noch kurz darüber austauschen.

    Tipps und Hinweise für Anleitende

    Anleitung Video:

    Das Video ist auf Englisch. Um Untertitel auf Deutsch hinzuzufügen, auf das Symbol für „Einstellungen“ klicken → Untertitel → automatisch übersetzen → Deutsch. Auf das Symbol „Untertitel“ klicken, um die Untertitel einzublenden. Der für die Methode relevante Ausschnitt ist von Minute 0:00 bis Minute 3:14.

    Das Video ist außerdem sehr schnell. Je nach Zielgruppe bietet es sich an, die Wiedergabegeschwindigkeit auf 0,75 zu reduzieren. Dafür auf das Symbol für „Einstellungen“ klicken → Wiedergabegeschwindigkeit → 0,75.

    Der Fußabdruck ist eine gute Möglichkeit, den Verbrauch ökologischer Ressourcen zu visualisieren und damit für die Bildungsarbeit fruchtbar zu machen. Gleichzeitig ist der Fußabdruck eine sehr komplexe Messmethode. Daher ist es sinnvoll, sich als anleitende Person ausführlicher mit dem Thema zu beschäftigen und den Hintergrundtext (siehe Material zum Download) für Anleitende eingehend zu lesen.

    Bei der Methode ist es besonders wichtig darauf zu achten, dass die TN sich auch kritisch mit dem persönlichen Fußabdruck und seiner Geschichte auseinandersetzen. Bei der Berechnung des persönlichen Fußabdrucks soll darauf geachtet werden, dass es nicht zu extremen Vergleichssituationen zwischen TN kommt oder einzelne TN zur Schau gestellt werden. Die Methode fordert ein Bewusstsein dafür, dass individuell nachhaltiges Verhalten häufig nur mit Privilegien möglich ist. So ist z. B. Bahnfahren meist teurer als Fliegen. Biologisches und regionales Essen aus Direktvermarktung ist oft teurer als konventionelles aus dem Supermarkt. Genauso ist die Frage nach der Reduktion von Flugreisen eine ganz andere für Menschen, deren Familie auf einem anderen Kontinent wohnt. Gleichzeitig wird durch die Methode nur teilweise sichtbar, dass die Bevölkerungsgruppe, die am stärksten für Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, reiche Menschen sind. Arme und strukturell diskriminierte Personen tragen weit weniger zum durchschnittlichen ökologischen Fußabdruck eines Landes bei. Der Fokus auf individuelles Konsumverhalten in der Nachhaltigkeitsdebatte kann daher klassistische Diskriminierung (= die Abwertung und Ausgrenzung aufgrund der sozialen Herkunft oder Klassenzugehörigkeit) reproduzieren. Daher gilt es, insbesondere während der Auswertung Bewusstsein für die Dimension sozialer Ungleichheit bei den TN zu schaffen.

    Ein stärkeres individuelles Bewusstsein für nachhaltiges Konsumieren ist zwar sinnvoll, aber bei weitem nicht ausreichend, um wirklich großflächig Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Die größten Verursacher von Treibhausgasemissionen in Deutschland sind Energiewirtschaft, Industrie und Verkehr. Individuen können nur sehr begrenzt Einfluss auf diese Sektoren nehmen. Wenn es um Möglichkeiten zur Reduktion des Fußabdrucks geht, ist es daher wichtig, dass die TN nicht allein bei individuellen Handlungsmöglichkeiten in Form von „nachhaltigem Konsum“ bleiben, sondern auch darüber gesprochen wird, was auf politischer und gesellschaftlicher Ebene getan werden muss, um Emissionen zu senken und der Klimakrise und globaler Ungleichheit zu begegnen.

    Möglichkeiten zur Weiterarbeit

    • Stimmen aus der Geschichte – Kapitalismus, Autobahn im Kopf, Kolonialismus und Klimakrise
    • Wer macht den Wandel, 3 Strategien für den Wandel