Welche Technik wollen wir?
Nach einer spielerischen Einführung zu ihren persönlichen Visionen zur Technik der Zukunft wird das Konzept der „konvivialen“, also lebensfreundlichen Technik mit einem kurzen Input eingeführt. Die für das Konzept relevanten Begriffe werden geklärt, dann wenden die TN das Konzept mithilfe von Arbeitsblättern auf ein oder mehrere konkrete technische Geräte aus ihrem Alltag an. Dabei werden unterschiedliche soziale, gesellschaftliche und ökologische Dimensionen von Technik beleuchtet. Vor- und Nachteile verschiedener technischer Geräte können herausgearbeitet werden. Die Methode regt eine Diskussion darüber an, welche Art der Technik wir uns für die Zukunft wünschen und anstreben.
Hintergrund
Die Methode baut auf dem Konzept der „konvivialen Technik“ auf, das von Ideen des Philosophen und Theologen Ivan Illich aus den 1970er Jahren inspiriert ist und aktuell von Andrea Vetter weiterentwickelt wird. Konvivial bedeutet so viel wie „lebensfreundlich“ oder „gut zusammenleben“. Technik wird in diesem Konzept in ihrem gesellschaftlichen Kontext betrachtet.
Dadurch wird ein umfassender Blick ermöglicht – nicht nur auf „technische“ Fragen, sondern auch auf die sozialen, gesellschaftlichen und ökologischen Wirkungen von Technik. Das Konzept kann Vor- und Nachteile einzelner Techniken schnell sichtbar machen und zeigt, dass jede in ihren Wirkungen ambivalent ist.
Das Konzept geht von fünf Dimensionen konvivialer Technik aus, die auf (fast) jedes technische Gerät angewandt werden können: 1. Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen, 2. Zugang, 3. Selbstbestimmung, 4. Wechselwirkung mit der biologischen Umwelt und 5. Ressourcenverbrauch. In jeder Dimension werden konkrete Fragen an das Gerät gestellt und die Ergebnisse auf Skalen markiert. Die Methode erlaubt allerdings keine Quantifizierung von „Konvivialität“, sondern soll in erster Linie eine Diskussion eröffnen.
Vorbereitung
Die anleitende Person sollte sich vorher intensiv mit den Arbeitsmaterialien beschäftigen und sich mit dem Konzept der konvivialen Technik näher vertraut machen. Hierfür eignet sich der Artikel „Kompass für nützliche Dinge“ von Andrea Vetter in der Oya.
Im Seminarraum wird der Beamer für die Einführungspräsentation aufgebaut. An der Tafel oder der Pinnwand wird eine große Blume für die spätere Visualisierung der Arbeitsergebnisse angebracht. Die Blume kann entweder großformatig aus dem Material ausgedruckt oder einfach nach der Vorlage von Hand auf ein Flipchartpapier übertragen werden. Für die Arbeitsgruppen können Tische mit den jeweiligen Arbeitsblättern und Blumenvorlagen vorbereitet werden.
Durchführung
1. (20 Minuten) Einstieg ins Thema
Die Aktivität beginnt mit einem Einstieg ins Thema mit der Frage: „Was für eine Technik wünscht ihr euch im Jahr 2030?“ Die TN werden gebeten, sich eine Moderationskarte zu nehmen und sich ein Stichwort zu ihren Vorstellungen zu notieren. Die Frage ist bewusst offen gestellt, sodass als Antwort sowohl konkrete technische Erfindungen erträumt als auch allgemeinere Wünsche an die Zukunft der Technik benannt werden können. Dann werden die Vorschläge im Rahmen einer Aufstellung diskutiert: Die Anleitenden legen eine imaginäre Linie im Raum fest zwischen den beiden Polen „Finde ich auch super“ vs. „Das sehe ich ganz anders“. Dann stellen einzelne (oder alle) TN nacheinander ihre Vorstellungen zur Technik der Zukunft vor. Alle anderen positionieren sich auf der gedachten Linie dazu und können sich anschließend in einem kurzen Austausch zu ihrer Positionierung äußern.
2. (10 Minuten) Begriffsklärung
Im zweiten Schritt wird das Konzept der konvivialen Technik kurz erklärt. Dafür steht eine Vorlage für eine kurze Präsentation zur Verfügung (siehe Material zum Download). Im Rahmen der Präsentation wird auch die dann folgende Gruppenarbeit mit den Arbeitsblättern erläutert. Es wird ein technisches Gerät zur beispielhaften Bearbeitung festgelegt. Wir schlagen vor, das Arbeitsmaterial auf das Beispiel Smartphone anzuwenden, es kann aber je nach Kontext und Interesse der TN auch ein anderes Gerät ausgewählt werden. Wichtig ist dabei, dass die TN einen Bezug zu dem ausgewählten Gerät und genug Wissen haben, um die unterschiedlichen Dimensionen einschätzen zu können.
3. (20 Minuten) Gruppenarbeit
Es werden fünf Gruppen gebildet, wobei jede Gruppe zu einer Dimension arbeitet. Jede Gruppe erhält also ein Arbeitsblatt zu ihrer Dimension, eine ausführliche Arbeitsanweisung sowie ein Blatt mit einer unausgefüllten Blume (siehe Arbeitsmaterial). Die Gruppen bearbeiten die Arbeitsblätter und tragen ihre Ergebnisse in das jeweilige Blütenblatt auf ihrer Blumenvorlage ein. Außerdem werden die Gruppen gebeten, zentrale Ergebnisse ihrer Gruppenphase auf max. fünf Moderationskarten in Stichpunkten festzuhalten.
4. (30 Minuten) Zusammentragen der Ergebnisse
Anschließend werden die Ergebnisse vorne auf der großen Blume zusammengetragen. Die Gruppen übertragen ihre Ergebnisse in die jeweiligen Blütenblätter und hängen ihre Stichwortkarten dazu an den Rand. Die Blume kann natürlich noch bunt oder grafisch gestaltet werden. Dann gibt es eine kurze Vorstellung der verschiedenen Dimensionen durch die Gruppen.
5. (10-15 Minuten) Auswertung
Für die Diskussion bieten sich folgende Impulsfragen an:
- Was hat euch überrascht? Was habt ihr Neues gelernt? Wo wart ihr euch uneinig in den Gruppen?
- Ist das Smartphone (bzw. das bearbeitete Gerät) eine konviviale Technik? Welche Möglichkeiten seht ihr, die Konvivialität des Geräts zu erhöhen?
- Wie würden eure Zukunftsvisionen aus der Einstiegsübung abschneiden?
- Welche Dimensionen haltet ihr für besonders relevant, welche nicht? Könnte man die fünf Dimensionen stärker in die Bewertung und gesellschaftliche Steuerung von Technik einbeziehen. Und wenn ja, wie?
Variante
Wenn man viel Zeit hat, kann man diese Methode auch ausführlicher gestalten. Dann werden die TN gebeten, sich in Kleingruppen jeweils ein beliebiges Gerät auszuwählen, mit dem sie sich beschäftigen wollen. Anschließend bearbeiten die Kleingruppen für ihr gewähltes Objekt jeweils alle fünf Dimensionen. Für diese Variante müssen insgesamt etwa zwei Stunden Zeit eingeplant werden. Es ist auch möglich, in zehn Gruppen zwei Dinge zu untersuchen. Das hat den Vorteil, dass man einen
Kontrast erhält, der bei der Bewertung der Ergebnisse hilft.