Bildungsmaterialien für eine sozial-ökologische Transformation
  • Wirtschaftswachstum

    Es war einmal

    ein Improvisationstheater zum Geldsystem

    50 min
    12-20

    Es war einmal

    Über ein Rollenspiel im Märchenformat lernen die Teilnehmenden spielerisch über die Entstehung des modernen Geldsystems.

  • Es war einmal

    Format: Bewegung, Spiel

    Barrieren: Bewegung, Hören, Komplexität, Lesen, Motorik, Schreiben, Sehen

    Material: blaues und gelbes Papier, Stifte, ggf. Stempel für die Theaterübung, Arbeitsmaterial zum Download

    Zugänglichkeit: niedrigschwellig

    Über ein Rollenspiel im Märchenformat lernen die Teilnehmenden spielerisch über die Entstehung des modernen Geldsystems.

    Lernziele
    Die Teilnehmenden (TN)…

    • verstehen die Grundprinzipien der Geldschöpfung.
    • bekommen ein intuitives Verständnis für die Rolle von Vertrauen für das Geldsystem.
    • verstehen, warum das Geldsystem instabil ist.

    Ablauf

    Vorbereitung
    Das Märchen wird ausgedruckt (min. sieben mal) und die Utensilien für das Theaterspiel (buntes Papier für Urkunden, Stifte, ggf. Stempel) vorbereitet. Es werden hintereinander zwei Stuhlhalbkreise mit jeweils sechs Stühlen geformt. Vor den Stuhlreihen muss genug Platz zum Spielen sein (Bühne).

    Durchführung

    1. (10 Minuten) Einführung
    Die Anleitenden erklären kurz Ziel und Ablauf der Übung. Anschließend werden die verschiedenen Rollen vorgestellt und den TN zugeordnet. Folgende Rollen sind zu vergeben: Erzähler*in, König*in, Esel, Bauherr*in, Glasbrenner*in, Steinmetz/Ziegelmacher*in
    (kann von einer Person gelesen werden). Die restlichen TN agieren als zuschauende Personen. Jede Rolle wird zweimal vergeben: einmal an eine*n Vorleser*in und einmal an eine*n Darsteller*in. Weitere TN bilden das Publikum.

    2. (5 Minuten) In Stellung Bringen
    Die TN nehmen ihre Plätze und Rollen ein. Auf die hintere Stuhlreihe setzen sich die vorlesenden TN. Auf die vordere Stuhlreihe setzen sich die darstellenden TN, jeweils vor die vorlesenden TN mit derselben Rolle. Die restlichen TN sitzen den spielenden und vorlesenden TN als Zuschauenden gegenüber.

    3. ( 5 Minuten) Verteilen der Requisiten
    Der Text wird an die vorlesende TN verteilt. Der*die Darsteller*in der König*in erhält blaues Papier und einen Stift, ggf. Stempel. Der*die Darsteller*in des Bauherrn erhält gelbes Papier und einen Stift, ggf. Stempel. Diese dienen als Requisiten für das Spiel.

    4. (10 Minuten) Rollenspiel
    Das Märchen beginnt. Das Märchen wird nun vorgelesen und synchron pantomimisch dargestellt. Möglichst alle Handlungen, die vorgelesen werden, werden still dargestellt. Dabei können die TN frei improvisieren. Wenn der Rollenname der TN genannt wird, stehen diese auf, treten vor und spielen das Gesagte nach.

    5. (10 Minuten) Reflexion
    Die 1. Reflexionsphase beginnt. Die TN werden zunächst gefragt, wie es ihnen in ihren Rollen
    ergangen ist (Vortragende wie Spielende). Die TN berichten aus der Rollensituation heraus. (Bsp.: Ich als König*in habe mich gefreut, dass ich ein neues Schloss bauen konnte.) Ggf. erfolgt eine Nacherzählung der Geschichte durch die TN.

    6. (10 Minuten) Meta Reflexion
    Anschließend wird das Märchen auf der Metaebene reflektiert. Hier kann eine Pause eingebaut werden oder auch ein Wechseln des Settings, indem z. B. ein gemeinsamer Stuhlkreis gebildet wird. Die TN werden gebeten, nun aus ihren Rollen herauszugehen und aus ihrer eigenen Sicht über das Märchen zu sprechen. Hierzu können die folgenden Fragen verwendet werden:

    Verstehen, was Geld ist und wie es funktioniert
    >    Was ist Geld im Märchen?
    >    Steckt im Märchen Zauberei? Wo passiert etwas Magisches/etwas Übernatürliches?

    Verstehen, was Geld mit Vertrauen zu tun hat
    >    Wieso kann der*die Bauherr*in beim Ziegelmacher mit der Urkunde bezahlen?
    >    Was würde passieren, wenn die Leute erfahren würden, dass der Goldesel tot ist?

    Übertragung auf das aktuelle Geldsystem
    >    Stellt euch vor, ihr geht in den Supermarkt und möchtet Schokolade kaufen. Könntet ihr euch vorstellen, so zu bezahlen wie der*die Bauherr*in im Märchen? Was würde passieren, wenn ihr einfach mit einem Zettel bezahlen wolltet, auf den ihr schreibt, „Ich schulde dir drei Euro“?
    >    Wie sieht es mit Banken aus? Können diese etwas mit „Schuld“ bezahlen?
    >    Welche Akteure gibt es in unserem Geldsystem. Wo seht ihr Parallelen, wo Unterschiede zum Märchen?
    >    Wie steht es heutzutage um den Goldesel? Können wir unser Geld in Gold eintauschen?
    >    Was passiert, wenn wir alle unser Geld vom Konto abheben?
    >    Was passiert, wenn wir das Vertrauen in unser Geld verlieren?

    Diskussionsfragen
    >    Habt ihr das Gefühl, dass das Geldsystem ein stabiles System ist?
    >    Was denkt ihr, wieso versuchen Politiker*innen, das Vertrauen in die Stabilität der Finanzmärkte zu stützen?
    >    Was haltet ihr davon, dass der Staat in Krisen Geld an Banken leiht bzw. Garantien ausspricht?

    Varianten
    Der Text kann auch als reiner Lesetext genutzt werden, ohne die Bewegungs- und Darstellungsrollen. Bei wenigen TN oder einem besonders kleinen Raum gibt es auch die Möglichkeit, Rollen zusammenzufassen oder eine Person alles lesen zu lassen. Die restlichen TN übernehmen dann die darstellenden Rollen. Die Diskussionsfragen können in der Gruppe oder einzeln beantwortet werden. Manche Fragen eignen sich auch für kreative Schreibprozesse bzw. für die Entwicklung einer gemeinsamen Gruppenerzählung – auf Märchenebene oder in Bezug auf das reale heutige Geldsystem. Je nach Kenntnisstand der TN könnten z. B. folgende Aufgaben gestellt werden: Verfasst eine Nachrichtenmeldung zum Tod des Goldesels! Erzählt die Geschichte der Insolvenz von Bank XY und der entsprechenden Folgen. Erzählt das Märchen weiter, nachdem der Goldesel stirbt.

    Tipps und Hinweise für Anleitende
    Ein langsames Vorlesen ist wichtig, damit die darstellenden TN genug Zeit zum „Spielen“ haben. Die Hinweise auf Pausen im Text helfen beim Wahrnehmen der Spielpausen. In der Reflexionsphase kann ein Flipchart zu Hilfe genommen werden. Diskussionen zum Geldsystem führen häufig zu einer negativen Bewertung der Berufsgruppe der Banker. Dem wird in der Methode entgegengewirkt, indem ggf. auf das Eingebundensein von Banken in ein historisch gewachsenes System hingewiesen wird. Auf viele Fragen/Szenarien der Weitererzählung (z. B. bei Tod des Goldesels) gibt es keine eindeutige Antwort. Es kommt darauf an, wie sich die Akteure im Märchen und in der Realität verhalten. Dies kann betont werden, um zu verdeutlichen, dass das Geldsystem sozialen Dynamiken unterliegt und Entwicklungen an den Finanzmärkten schwer vorhergesagt werden können. Bei Verständnisproblemen empfiehlt es sich, auf Ebene des Märchens zu argumentieren und Fragen zu vereinfachen. Um das Gefühl der Überforderung zu vermeiden, kann es empfehlenswert sein, möglichst nicht in der großen Gruppe auf detaillierte Hintergrundfragen einzugehen, sondern den Fokus auf die einfachen Grundprinzipien zu legen. Bei weiterführenden Fragen kann auf die Literatur (siehe Hintergrundtext) verwiesen werden.